Waffle Hour, Gegenwind & noch mehr Gebäck

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Hallo:)

Bevor es angefangen hatte zu tauen, wurde es nochmal richtig kalt. Obwohl die Sonne schien, konnte mich nichts dazu bewegen, ein wenig frische Luft zu tanken. Also musste ich mich mit einer Zimtschnecke motivieren.

Ganz dick eingepackt machte ich mich auf den Weg zu der Bäckerei, die mir empfohlen worden war. Mich hineinzusetzen und auch noch einen Kaffee zu trinken, habe ich mich nicht getraut. Dafür war ich aber mehr als nur stolz auf meine Gebäckausbeute. Die Kanelsnurr hat weniger als vier Euro gekostet und hatte tatsächlich einen Durchmesser von 13 cm (ja, das musste ich ausmessen, haha). Als ich wieder im Wohnheim angekommen war, hat mein ganzes Zimmer verlockend nach Zimtschnecke geduftet. Es war ein (in meinen Amateuraugen) perfektes Exemplar – und sooo unfassbar lecker!


Obwohl die Plusgrade jetzt schon seit mehreren Tagen Zeit hatten, den Schnee und das Eis zum Schmelzen zu bringen, hält sich beides hartnäckig. An einigen Stellen ist es immer noch unheimlich glatt. Mit Gegenlicht durch die Sonne fallen die vereisten Partien nur schwer auf. Dadurch rutsche ich beim Laufen teilweise doch noch und bin jedes Mal unfassbar dankbar, wenn es schnell wieder vorbei ist und ich nicht hingefallen bin.

Die Temperaturdifferenz von mehr als 20 Kelvin von einem Tag auf den anderen ist ebenfalls sehr faszinierend. Beim Laufen war ich manchmal etwas skeptisch und dementsprechend viel zu warm angezogen – im Gegensatz zu der Person, die mir gleich zweimal in kurzer Hose entgegengekommen ist.

Auch der dauernde Gegenwind war sehr unangenehm. Zum Glück hatte ich auf dem letzten Kilometer, einen kleinen Hügel hinauf, Rückenwind. Und während ich in Deutschland während des Laufens auf das Handy verzichte, nehme ich es hier sicherheitshalber doch immer mit. Mittlerweile sind die Bilder, die ich beim Laufen mache, richtig gut;) .


Nach langem Hinauszögern habe ich endlich die Waschmaschinen ausprobiert. Ich war sehr glücklich, dass ich sie zum Laufen bekommen habe. Noch glücklicher war ich, als ich feststellen konnte, dass all meine Sachen unversehrt geblieben sind und ich sie frisch duftend in meinem Zimmer aufhängen konnte. Im Wäscheraum hatte ich ein wenig Angst, ob sie dort auch wirklich sicher hängen bleiben. Dafür hatte ich jedoch die Herausforderung, passende Trockenplätze in meinem Zimmer zu finden. Am Ende hat aber alles einen Platz bekommen, und die Wäsche war deutlich schneller trocken als in Deutschland.

Ich habe es sogar geschafft, eine zweite Ladung Wäsche anzustellen, und mir dabei fest vorgenommen, das Waschmittel nicht wieder in meinem Zimmer zu vergessen (zwischen Waschraum und Zimmer liegen immerhin drei Stockwerke). Natürlich habe ich es trotzdem vergessen – vielleicht lag es daran, dass es ein koffeinfreier Tag war;) .

Meine Kaffee-Rabattkarte füllt sich beständig. Da die „Kaffeebaren“ immer schon um 14 Uhr schließt (viel zu früh!), war ich umso glücklicher, dass ich mir an einem Tag um 13:55 Uhr nach einer Vorlesung noch schnell einen weiteren Stempel sichern konnte – das neunte Getränk ist nicht mehr weit!

Apropos Vorlesung: Das Modul, das mehrmals ohne jegliche Informationen ausgefallen ist, findet mittlerweile tatsächlich statt. Und es gefällt mir nach den ersten Vorlesungen sogar richtig gut. Nur war ich im Lab zu inkompetent, mein Betriebssystem unter Kontrolle zu bekommen. Also habe ich zwei Stunden lang verzweifelt versucht, mein Jupyter Notebook wieder zum Laufen zu bringen (bis Dezember lief alles einwandfrei – dann kam das Update :/). Währenddessen konnten die anderen Studierenden vorbildlich die Aufgaben lösen. Das muss ich irgendwann wohl noch nacharbeiten.

Ich war so erleichtert, dass es am Nachmittag dann endlich funktioniert hat. Es war das typische Layer-8-Problem, und ich hatte im Terminal schlicht das „/“ vergessen. Ich schiebe das einfach mal auf den wenigen Schlaf hier.

Nachdem das Problem behoben war, konnte ich guten Gewissens zur „Waffle Hour“ gehen. Alle zwei Wochen gibt es an der Uni kostenlose Waffeln, und das lasse ich mir bei den norwegischen Lebensmittelpreisen natürlich nicht zweimal sagen. Außerdem bietet die Veranstaltung eine gute Gelegenheit, mit anderen Erasmus-Studierenden ins Gespräch zu kommen. Das Volleyballspielen von 21 bis 23 Uhr am gleichen Abend ist mir nämlich etwas zu spät, und bisher sind alle Überzeugungsversuche gescheitert.

Dafür ist meine Motivation groß, zum Lernen in die Uni zu gehen. Während ich mich in Deutschland am liebsten zu Hause verkrieche, mag ich es in Norwegen sehr, mich in die Uni zu setzen.
Ein Motivationsfaktor ist der Cappuccino, aber auch der Umstand, dass der Schreibtisch in meinem Zimmer nicht der stabilste ist – er wackelt wirklich erstaunlich. Außerdem ist so eine räumliche Trennung zwischen Entspannung und Lernen, glaube ich, gar nicht so schlecht. Ich hoffe, dass ich mir das in Deutschland dann auch öfter vornehme – abgesehen vom Cappuccino, der ist selbstgemacht nämlich günstiger.


Da die Küche ihren angenehmen Sauberkeitszustand doch recht schnell verliert, habe ich mir viele neue Rezepte herausgesucht – mit der Bedingung, möglichst wenig Zeit für die Zubereitung und das Kochen aufzuwenden. Am besten sollten auch nicht allzu viele Zutaten nötig sein, denn die muss ich zum einen einkaufen und zum anderen auch bezahlen. Eine Zucchini kostet hier schließlich fast drei Euro! Fairerweise muss ich dazu sagen, dass gerade keine Zucchinizeit ist. Dementsprechend wird das Gemüse wohl so schnell nicht mehr auf meinem Teller landen.

Dafür konnte ich frisches, selbstgebackenes Brot eines Kommilitonen probieren. Danach habe ich es wirklich ein bisschen bereut, keinen Sauerteig beim Brotbackkurs im Dezember mitgenommen zu haben. Brotbacken ist schon ein ziemlich schönes Hobby: Man kann so kreativ sein und immer wieder neue Varianten ausprobieren. Ein weiterer Vorteil am Brotbacken wäre, dass ich mir keine Gedanken mehr um das Vorhandensein von Bargeld machen müsste. In Deutschland ist Barzahlen ja doch noch sehr verbreitet – im Gegensatz zu Norwegen. Ich liebs sehr, hier überall mit dem Handy zahlen zu können!

Die typische Diskussion, ob „Viertel nach Vier“ oder „Viertel Fünf“ die richtige Bezeichnung ist, kam auch hier bereits auf. Es erinnert mich immer an die Schulzeit – genauso wie das Sprachenlernen.

Der Norwegischkurs hat mittlerweile begonnen, und ich bin sehr zwiegespalten. Zum einen ist es eine wirklich spannende Erfahrung, in diesem „fortgeschrittenen“ Alter nochmal eine Sprache zu lernen. Zum anderen frage ich mich doch ab und an, wie sinnvoll das ist, denn Sprachmodelle wie ChatGPT oder DeepL helfen auch ziemlich gut. Außerdem bin ich schrecklich schlecht in Sprachen und traue mich einfach nicht, das Gelernte anzuwenden.

Passend zu den Schulzeiterinnerungen war ein absolutes Highlight der letzten Tage ein Anruf aus Deutschland. Obwohl ich mich gerade ins Bett kuscheln wollte, um in Ruhe meine Spiegel-Lektüre-Session zu beginnen, bin ich für die „Überraschung“ (wenn ich das Video beim Telefonieren anschalte) noch einmal aufgestanden. Das Gespräch tat einfach viel zu gut!

Da mich das Betriebssystem-Problem doch sehr an meiner Kompetenz hat zweifeln lassen, war ich etwas ängstlich, den Drucker in der Uni zu bedienen. Auch wenn meine Mitbewohnerin meinte, es sei wirklich simpel, habe ich es mir einfach nicht zugetraut. Aber ich musste die Dokumente ausdrucken. Also machte ich mich, ganz nach dem Motto „Langsam, Kutscher, wir haben es eilig“, an den Druckprozess (natürlich habe ich meine Mitbewohnerin vorgewarnt, dass ich eventuell mit Verzweiflung auf sie zurückkommen würde). Und es hat funktioniert! Ein weiteres To-Do konnte ich damit von meiner Liste abhaken.

Ausländische Studierende müssen sich für ihren Aufenthalt in Norwegen bei der Polizei registrieren. Dafür mussten wir mit dem Bus in eine andere Stadt fahren. Leider hatte mich das gute Wetter der letzten Tage etwas verwöhnt, sodass ich mich ein wenig zu kühl angezogen habe. Vielleicht lag das Frieren aber auch an dem unfassbar langsamen Gehtempo – in größeren Gruppen fällt das immer besonders auf – oder daran, dass wir ziemlich planlos durch die Stadt gelaufen sind und es auch nicht wirklich viel zu sehen gab.

Mein persönlicher (und einziger) Höhepunkt war die Kardemommebolle. Das Kardamombrötchen hat meine Stimmung deutlich gehoben und unglaublich gut geschmeckt – um Längen besser als das Exemplar in Kopenhagen. Außerdem war das Gebäck herrlich fluffig, wenn auch (in meinen Augen) mit viel zu viel Zucker, vor allem oben drauf. Trotzdem hat es sehr geholfen, mich wieder ein wenig aufzuwärmen.


Der Weg zum lang ersehnten Gebäck war geprägt von immer noch vereisten Wegen, einem äußerst gemächlichen Gehtempo und einer viel zu langen Pause am Aussichtspunkt. Es war windig, und mir war sowieso schon die ganze Zeit kalt. Außerdem musste ich eine Menge Überzeugungsarbeit leisten, damit wir überhaupt in eine Bäckerei gehen – schließlich möchte ich weiterhin fleißig meine Zimtschnecken & Co testen!